Hagen, November 2013.
Kaum einer weiß es, aber es befindet sich auch deinem Handy: Coltan.
Coltan kommt aus dunklen Löchern am After der Welt. Klingt albern, ist aber so. Man fliegt über den Regenwald, der von oben aussieht wie Brokkoli, doch an manchen Stellen sind die grünen Bäume weg und es ist braun. Das sind die Coltan-Minen. “Minen” klingt vielleicht nach industriellem Bergbau, aber eigentlich sind das nur Löcher in der Erde. Löcher, hunderte Meter tief, gegraben mit Hacken und Schaufeln, von Menschenhand.
Aber Moment, was hat das denn nun mit Pfadfindern zu tun?
Alles begann mit dem Besuch der Montags-Pfadis, einer Gruppe von 20 Pfadfindern im Alter von 13 bis 16 Jahren, beim Missio-Truck, der im November in Hagen Station machte. Der Truck zeigt eine Ausstellung über Bürgerkriegsflüchtlinge im Ostkongo. Durch verschiedene multimediale Elemente wie Computerspielstationen, Hörspiele, interaktive Bildschirme und Alltagsobjekte aus dem Kongo wurde die Ausstellung zum spannenden Erlebnis für die Pfadfinder und sie lernten eine Menge über das Thema Flucht und Rohstoffkonflikte im Kongo. Das wurde noch ergänzt durch einen Besuch von Weihbischof König, der uns von seiner Kongo-Reise berichtete.
Also reisten die Pfadis kurze Zeit später nach Afrika, um sich selbst ein Bild zu machen, wo dieses Coltan eigentlich herkommt. Naja gut, sie stiegen nicht ins Flugzeug, sondern stellten den Beamer auf und begleiteten Frank Poulsen, einen dänischen Journalisten, bei seiner Recherche. Diese stellt er im Film “Blood in the Mobile” vor.
Die Arbeit in den Coltan-Minen ist menschenverachtend. Schon Jugendliche arbeiten in den Minen um Geld für ihre Familie zu verdienen. Manchmal bleiben sie eine ganze Woche unter der Erde. Einige Arbeiter sterben in der Mine und werden einfach dort liegengelassen.
Chance, ein 16-jähriger Junge aus dem Kongo, wollte seinen Traum verwirklichen – ein eigenes Haus bauen. Um dafür genug Geld zu haben fing er mit 13 Jahren an, in der Coltan-Mine in Bissie zu arbeiten. Doch er hielt es nicht lange aus, da es so heiß in den Minen ist.
Die Arbeiter dort werden richtig verarscht. Um die Mine zu betreten und zu verlassen müssen sie Geld an Soldaten bezahlen, die das Gelände bewachen. Die Soldaten kaufen damit Waffen für den Bürgerkrieg, der seit über 15 Jahren im Kongo herrscht. Dort gibt es viele verschiedene bewaffnete Gruppen, es ist sehr schwierig nachzuvollziehen wer für was kämpft. Doch eigentlich ist es auch egal, wer zu welcher Armee gehört, denn viele Gruppen sind nicht zu kontrollieren, sie morden und vergewaltigen. Vielen Menschen im Kongo geht es also sehr schlecht.
Anderen allerdings geht es ganz gut, zum Beispiel dem Mitarbeiter des Bergbauministeriums, der gleichzeitig sein Geld mit einem Bergbauunternehmen verdient. Bei Verhandlungen um Abbau-Lizenzen verhandelt er auf beiden Seiten. In Europa nennt man so was Korruption, im Kongo ist das ganz normal.
Fazit: Vom Kapitalismus profitieren in Zeiten der Globalisierung weiterhin vor allem Menschen, die Geld und Einfluss haben. Bürokraten und Kriegsherren im Kongo genauso wie die Aktionäre von Nokia. Aber auch wir, wenn wir mal wieder ein neues Handy kaufen, weil es ja so günstig ist.
Doch an die Menschen, die in den Coltan-Minen schuften denken wir dabei nicht. Dabei gilt auch für sie das Menschenrecht auf Schutz vor Ausbeutung.
Chance konnte seinen Traum vom eigenen Haus nicht mit Arbeit in der Coltan-Mine verwirklichen. Seine Chancen auf eine sichere Zukunft im Kongo stehen schlecht, denn dort herrschen Armut und Bürgerkrieg. Wer weiß, vielleicht wird auch Chance sich entschließen sein Glück in Europa zu suchen. Wie eine Flucht aus dem Kongo aussehen kann, konnten wir im Missio-Flucht-Truck erleben. Die Reise dort endete in Nairobi, Kenia. Doch der Weg vieler Flüchtlinge führt weiter nach Europa. Nicht alle kommen dort an.
Denn auch wenn ein Mensch die Arbeit in den Coltan-Minen und die Flucht aus dem Kongo überlebt hat und Europa schon zum greifen nah ist – die Gefahr, als Flüchtling im Mittelmeer zu ertrinken besteht immer noch. Und willkommen wäre Chance hier auch nicht gewesen. Denn die Menschenrechte mögen zwar für uns gelten. Ob sie allerdings auch für Flüchtlinge gelten ist fraglich…
Die Montags-Pfadis